Von einer Idee mit schlechtem Timing
Der im Jahr 1984 geborene Robert Gentz stammt aus Düsseldorf. David Schneider kam 1982 in Witten zur Welt. Später in ihrem Leben entschlossen sich beide, in Karlsruhe an der Otto Beisheim School of Management Betriebswirtschaftslehre zu studieren. Sie wurden rasch zu Freunden und schrieben zum Abschluss ihres Studiums eine gemeinsame Diplomarbeit über den Einfluss, den die Größe einer Firma auf ihren wirtschaftlichen Erfolg nimmt. Nach dem Studium wohnten Gentz und Schneider gemeinsam in Berlin in einer Wohngemeinschaft an der Berliner Torstraße. Dort entwickelte sich die Idee, einen Online-Shop für den Versand von Schuhen anzubieten. Das Vorbild der beiden Deutschen kam aus den USA von der Firma Zappos, einem Versandhandel. Familie und Freunde machten den potenziellen Start-up Gründern wenig Mut. Sie waren durchgängig der Meinung, dass niemand Schuhe kaufen würde, wenn er diese nicht vorher anprobieren kann. Dennoch ließen Robert Gentz und David Schneider ihren Worten auch Taten folgen. Als sie Zalando im Herbst des Jahres 2008 gründeten, konnten sie nicht ahnen, dass nur Tage später eine Finanzkrise die Welt erschüttern würde.
Die Anfänge als Start-up
Das Start-up begann ganz klein, mit wenigen Leuten, die in den Räumen der Wohngemeinschaft ihre Waren lagerte. Auch das Büro hatte dort seinen Sitz. Die Gründer nutzten ihre Handynummern als Hotlines für ihre Kundschaft und brachten die Bestellungen eigenhändig zur Post. Besonderen Eindruck hinterließen sie bei ihren Käufer*innen dadurch, dass das junge Unternehmen die Kosten für Lieferungen und Retouren übernahm. Hinzu kam ein Rückgaberecht von gut 100 Tagen. Diese Strategie führte zum Erfolg, sodass das junge Unternehmen rasch wuchs. Damit sie ihren Online-Shop erweitern und größere Mengen lagern konnten, suchten Gentz und Schneider sich bereits kurz nach der Gründung lukrative Sponsoren. Dabei überzeugten sie die Brüder Alexander, Marc und Oliver Samwer, Besitzer eines Unternehmens für Beteiligungen im Internet (Rocket Internet), mit ihren innovativen Strategien ebenso, wie die Kundschaft. Ein Millionenbetrag wechselte den Besitzer und eröffnete dem jungen Unternehmen die Erweiterung der Produktpalette und den Start von wirksamer TV-Werbung. Das war letztlich der Startschuss für die siegreiche Geschichte von Zalando.
Die ersten Jahre – Expansion
Am Ende des Gründungsjahres wies die Bilanz des jungen Unternehmens eine Summe von 325.618,02 Euro auf und wurde damals laut Bundesanzeiger als kleine Kapitalgesellschaft eingestuft. Schon 2009 ergänzten die Gründer die Bereiche ihrer Firma um Bekleidung und Mode. Dabei nahmen sie sowohl kleinere Marken aus dem regionalen Markt als auch bekannte internationale Anbieter in ihre Kollektion auf. Bereits zu dieser Zeit brachte das Unternehmen zudem eigene Labels und kreative Kollektionen auf den Markt. Gleichzeitig streckte das junge Unternehmen seine Fühler in die Nachbarländer aus. Zuerst wurde das Versandgebiet auf Österreich ausgedehnt. Am Ende des Jahres 2010 war Zalando Marktführer im Bereich des Online-Schuhversands. Trotzdem lagen die Verluste zu dieser Zeit bei 20 Mio. Euro. 2011 erschloss das Unternehmen auch die Schweiz. Zu diesem Zeitpunkt verfügte das ehemalige Start-up bereits über einen Umsatz von über 500 Mio. Euro, allerdings erlitt es zeitgleich Verluste von circa 60 Millionen Euro. Gut zwei Jahre nach der Gründung und einige Umzüge später war zudem Rubin Ritter, ein Studienfreund der beiden Gründer, mit in den Vorstand eingestiegen. Er ließ sich von Gentz und Schneider vom Potenzial ihrer Idee überzeugen. Zur gleichen Zeit entstand im jungen Unternehmen ein Team für Social-Media. Das Jahr 2010 ist auch geprägt von Verkaufsaktionen für verschiedenste Produkte von bekannten Luxus- und Modelabels. Später im Jahr kommen ein Sortiment für Sport und Beauty hinzu.
Wirksame Werbung
Werbung war fast von Anfang an ein Thema. Die Werbespots des Jahres 2009 hinterließen aber noch keine bleibende Wirkung. 2011 geriet Zalando in den Fokus, weil es eine sehr auffällige Werbekampagne schaltete, die einen großen Erfolgsfaktor für das Unternehmen werden sollte. „Schrei vor Glück“ kam dabei in Deutschland gut an, allerdings nicht im Ausland. 2010 waren die Niederlande zum Versandgebiet hinzugekommen. Sie waren der erste Markt des Unternehmens, auf dem kein Deutsch gesprochen wurde. Die Werbekampagne konnte dort nicht punkten und wurde als sehr irritierend empfunden. Für die Gründer war dies eine wirkungsvolle Lehre, welche sie dazu brachte, mehr auf die Wünsche und den Geschmack der einzelnen Länder einzugehen. Die Strategie beinhaltet nun mehr als zwanzig Bezahlmöglichkeiten aus dem lokalen Bereich. Kundenservice und Online-Shop sind in 16 unterschiedlichen Sprachen verfügbar. Regionale Anbieter von Logistikdiensten arbeiten mit dem Unternehmen zusammen. So möchte die Firma auf individuelle Erwartungen und Anforderungen eingehen. Bis heute hat Zalando sich auf 20 Märkten in Europa etabliert.
Die von Zalando erschlossenen Märkte seit Firmengründung:
· Deutschland (2008)
· Österreich (2009)
· Niederlande (2010)
· Frankreich (2010)
· Italien (2011)
· Großbritannien (2011)
· Schweiz (2011)
· Belgien (2012/2013)
· Dänemark (2012/2013)
· Finnland (2012/2013)
· Luxemburg (2012/2013)
· Polen (2012/2013)
· Norwegen (2012/2013)
· Schweden (2012/2013)
· Spanien (2012/2013)
· Irland (2018)
· Tschechien (2018)
· Litauen (2021)
· Slowenien (2021)
· Slowakei (2021)
Innovationen zur Weiterentwicklung
Die ständig steigende Anzahl von Märkten erhöhte auch die Kundenanzahl. Um den Standard beim Kundenservice auf hohem Niveau halten zu können, setzt das Unternehmen auf Technologie und Innovationen. Dazu verpflichtete das Unternehmen über die Zeit rund 2.500 technische Experten aus den unterschiedlichsten Ländern der Erde. Die Konsequenz ist das Erstellen einer App für Smartphones, die 2012 auf den Markt kommt. Intensive Arbeit im Vorfeld verhilft dieser App zum Erfolg. Bereits nach gut 7 Monaten bringt es die App auf eine Zahl von 1 Million Downloads. Über dieses Medium können die Kunden auch auf das hauseigene Magazin, das es seit 2011 gibt, einen Scanner für Barcodes und den „Style-Shaker“ zugreifen.
Outlet-Stores und Börsengang
Das immer noch junge Unternehmen eröffnet 2013 am Ort seiner Gründung einen allerersten Outlet-Store. 1.000 Quadratmeter stehen für den Verkauf von rabattierten Angeboten und B-Ware zur Verfügung. Mittlerweile gibt es rund ein Dutzend Filialen in den größeren Städten Deutschlands wie Frankfurt, Köln, Hamburg oder Stuttgart. Weitere Filialen sind bereits in Planung. Im Jahr 2014 ging das ehemalige Start-up an die Börse und wurde dazu 2013 von einer GmbH in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Nur wenig später wurde dann aus der AG eine SE. Diese „Europäische Aktiengesellschaft“ erlaubte dem Unternehmen ein einheitliches Auftreten in ganz Europa. Durch den Gang an die Börse erwirtschaftete die Firma 605 Mio. Euro. Der Unternehmenswert stieg dadurch auf 6 Mio. Euro. Schon in den Jahren davor waren namhafte Investoren in die Firma eingestiegen. Heute hält die Firma Kinnevik die Majorität der Anteile. Seit dem Jahr des Börsengangs schreibt Zalando schwarze Zahlen. Umsatz und Gewinn steigen von Jahr zu Jahr. In den letzten Jahren lag das Wachstum des Umsatzes immer um 20 bis 23 % Prozent.
Ein europäisches Großunternehmen
Was einst in einer WG in einer Berliner Straße begann, ist nun ein europäischer Großkonzern. Über 14.500 Arbeitnehmer hat das Unternehmen heutzutage. Sie stammen aus mehr als 130 verschiedenen Nationen. Auch die Standorte des Unternehmens verteilen sich nun auf diverse Städte in Europa. Neben 4 sogenannten Büro-Hubs in Deutschland verfügt das Unternehmen inzwischen auch über Bürostandorte in Dublin, Helsinki und Zürich. Auch die Logistik ist über ganz Europa vernetzt, mit einem Dutzend Standorten von Skandinavien bis Spanien und von Polen bis in die Niederlande. Weitere Logistikstandorte sind in Vorbereitung. Dennoch hat das Unternehmen seine Wurzeln behalten: Das ursprüngliche Büro in der Berliner Torstraße fungiert heute als Sitzungsort für Projektteams, die Technologien und Services testen, die innovativen Fortschritt versprechen.
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